In der Kategorie „Kurze Frage, kurze Antwort“ zog mich der SWR3 als Experte in Sachen Drehbuch-Übersetzung zu Rate: „Woher wissen Übersetzer bei englischen Serien, ob sie duzen oder siezen müssen?“ Ein sehr spezifisch deutsches Problem.
Meine Lösung, die live im Radio im ganzen Südwesten ausgestrahlt wurde:
Ob man aus einem „you“ ein „du“ oder ein „Sie“ macht, kommt immer auf die Beziehungen der beiden Figuren an. Wie stehen die zueinander? Kennen die sich? Wie gut kennen die sich?
Haben die den selben Stand und Status oder sind die unterschiedlich? Sind das Mutter und Kind, sind das Lehrerin und Schüler, sind es Chef und Angestellte? Aus welchem Milieu kommen sie? Woher kommen sie? Und in welcher Zeit spielt das Ganze?
Denn manchmal wird aus einem „you“ vielleicht sogar ein „Ihr“, wenn das 400 Jahre alt ist.
Mir fällt auf, dass die Übersetzungszeit knapper wird und solche Überlegungen manchmal gar nicht getätigt werden. Wenn man sich früher Sitcoms angeguckt hat, die ein Jahr später gekommen sind als in Amerika, da war mehr Zeit darüber nachzudenken. Und heute kriegt man wahrscheinlich nur die Bücher, hat noch nicht mal die Serien gesehen, und muss deuten. Dann kann es dazu kommen, dass Zuschauer sich wundern, warum da jetzt ein „du“ oder ein „Sie“ ist, wobei es eigentlich in den Figuren nicht angelegt ist.